Herr Prof. Dr. Hans-Jürgen Sack (Lt. Oberstaatsanwalt a.D., Lehrbeauftragter an der MLU): „Deutschlands Umweltstrafrecht unter Änderungsdruck der EU“
Die EU-Richtlinie 2008/99/EG vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt ist durch die Mitgliedstaaten bis zum 26. Dezember 2010 in nationales Recht umzusetzen. Damit hat eine lange Geschichte der Versuche europäischer Harmonisierung des Umweltstrafrechts ein vorläufiges Ende gefunden. Nach einschlägigen Entscheidungen des EuGH (NStZ 2008, 703) und vor dem Hintergrund des neuen Art. 83 AEUV dürfte die Richtlinie kompetenzgerecht sein. Die zentrale Bestimmung der neuen Richtlinie findet sich in deren Art. 3, der festlegt, welche Verhaltensweisen als Straftaten zu klassifizieren sind. Grundvoraussetzung dafür ist, dass das betreffende Verhalten rechtswidrig (Verstoß gegen bestimmte EG-Rechtsakte oder nationale Durchführungsvorschriften) sein muss, womit der akzessorische Charakter der Richtlinie deutlich wird. Die Vorschrift weist zudem einen Katalog von neun Typen umweltrechtlicher Verstöße aus, die sich anhand ihrer Schutzrichtung unterscheiden lassen (Freisetzung schädlicher Stoffe oder ionisierender Strahlung; abfallrechtlicher Verstöße; Betrieb von Anlagen; Umgang mit radioaktiven Stoffen; Artenschutz; Bewahrung natürlicher Lebensräume; Schutz der Ozonschicht). Dabei begründet die Richtlinie eine Kriminalisierungspflicht für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten. Art. 4 regelt Anstiftung und Beihilfe und Art. 6 und 7 befassen sich mit der Verantwortlichkeit juristischer Personen. In Deutschland ist der strafrechtliche Schutz der Umwelt schon bisher verhältnismäßig umfangreich geregelt, sodass einige Vorgaben der Richtlinie bereits geltendes Recht sind. Spannend ist dessen ungeachtet die Frage, welche Anpassungserfordernisse noch bestehen. Der Vortrag wird sich vor dem Hintergrund der Richtlinie mit dem zur Zeit in der Beratung befindlichen Gesetzentwurf (der im Januar bereits Gesetz sein soll) befassen und geht auf die praxisrelevanten Änderungen im deutschen Umweltstrafrecht ein.
Hans-Jürgen Sack ist mit seinem seit 1978 als Loseblattwerk erscheinenden Kommentar zum Umweltschutz-Strafrecht (Verlag W. Kohlhammer, derzeit 5. Auflage, Stand 2009) nicht nur einer der Umweltstrafrechtler der ersten Stunde, sondern als langjähriger leitender Staatsanwalt einer der wenigen Wissenschaftler auf dem Gebiet, der es versteht den Blick auf die für die Praxis relevanten Probleme zu richten.